
Plausch im Plöpp: Was ist eine gute Eventidee wert?
Als Eventprofi weiß ich natürlich: Die interessantesten Gespräche finden häufig an der Bar statt. Und auch schon manche gute Eventidee wurde dort geboren. Besonders wenn das ein oder andere Gläschen Wein im Spiel ist.
Bei unserem Agenturchef Peter Pfister und Kreativdirektor Markus Anthoni ist das nicht anders. Doch über was tauschen sich die beiden eigentlich aus, wenn sie mal wieder im Münchner Bistro „Le Plöpp“ zusammensitzen?
Meine Neugierde war groß – und der Durst nicht weniger. Also habe ich mich einfach mal dazugesellt und eines dieser Bar-Gespräche verfolgt. Über guten Wein. Über gute Eventideen. Und was diese eigentlich wert sind. Und natürlich auch, wer dafür bezahlt. Oder dies zumindest sollte. Ich plaudere dann mal aus dem Nähkästchen…
Die Szene: Abends an der Bar im Münchner Bistro Le Plöpp
PETER, unser 55-jähriger Agenturchef, sitzt auf einem Barhocker. Wie immer ist er bestens gekleidet und perfekt gepflegt, macht aber insgesamt den Eindruck, als wäre es ein langer Tag gewesen.
Neben ihm sitzt MARKUS, unser 30-jähriger Kreativdirektor, wie immer in angesagten Sneakers und sehr tief sitzender Jeans, aus der hinten das T-Shirt herausgerutscht ist. Seine Haare sind zerzaust. Er wirkt abgekämpft.
Hinter der Bar hantiert der Inhaber vom Le Plöpp, RALF, geschäftig mit Flaschen und Gläsern herum. Er strahlt die Art Ruhe aus, die man nur hat, wenn man für jedes Problem im Leben eine Lösung hat – oder zumindest den passenden Wein dazu.
Über dem Raum hängt ein Geräuschnebel aus leiser Barmusik, Gläserklirren und Gemurmel.
Jetzt geht’s los…
PETER und MARKUS sitzen gedankenversunken nebeneinander und blicken in ihre Weingläser. Plötzlich durchbricht MARKUS die Stille:
MARKUS
Das Problem ist doch: Eine gute Idee ist heute einfach nichts mehr wert. Sie wird gar nicht mehr geschätzt.
PETER
Kommt drauf an, was Du unter einer guten Idee verstehst.
MARKUS
Na ja, sie muss halt einfach überzeugen. Vor allem mich selbst. Eine gute Idee muss aus komplexen Dingen das Wesentliche transportieren.
Peter wiegt zweifelnd den Kopf hin und her.
PETER
Na ja, eine gute Idee muss vor allem die Markenstrategie berücksichtigen. Damit kann sie eben nur so gut sein wie das Kundenbriefing. Zudem braucht sie im Event-Business natürlich noch den Wow-Faktor, damit sie beim Kunden die nötige Überzeugungskraft hat. Und sie muss die Zielgruppe des Kunden begeistern.
Damit scheint MARKUS nicht einverstanden zu sein, er wirkt jetzt etwas trotzig.
MARKUS
Aber zuerst muss sie mich selbst überzeugen. Ich muss sie ja schließlich gegenüber dem Kunden verkaufen. Also muss sie sich in meinem Kopf festsetzen und darf mich nicht mehr loslassen. Dann überzeugt sie auch den Kunden und alle anderen. Nur dann ist sie gut.
PETER überhört geflissentlich MARKUS Einwand.
PETER
Für eine gute Idee ist vor allem ein gutes Briefing entscheidend. Nur dann kann die Kreativabteilung in die Recherche und Analyse einsteigen und eine wirklich coole Idee entwickeln. Nur dann kann ein Kreativer auch voll hinter einer Idee stehen.
MARKUS ist jetzt wirklich ein bisschen genervt…
MARKUS
Können wir bitte das Wort „Kreativer“ weglassen? Ich finde das blöd. Jeder ist doch auf seine Art kreativ.
Belustigt blickt PETER auf und schmunzelt.
PETER
Wir können aber schon noch Deutsch sprechen?
MARKUS grummelt etwas Unverständliches vor sich hin.
PETER (FORTS.)
Also grundsätzlich gilt doch: Wenn sich der Kunde in der präsentierten Idee wiederfinden kann, ist alles gut. Sobald die Idee auf das Kundenbriefing einzahlt, da sie ordentlich ausgearbeitet wurde, ist sie auch wertvoll, finde ich.
MARKUS ist jetzt völlig frustriert.
MARKUS
…außer wenn der Einkauf vom Kunden dabei ist. Die Leute aus dem Einkauf arbeiten mit Excel, wir mit bunten Bildern. Die sprechen über Geld, wir wollen Ideen reifen lassen und dabei gar nicht über Geld reden. Das sind zwei völlig unterschiedliche Welten.
PETER
Aber einfach irgendeine Idee kreieren, ohne dass der Budgetrahmen für das Projekt bekannt ist, funktioniert ja auch nicht…
MARKUS fällt PETER ins Wort.
MARKUS
…auch dann wird der Kunde immer noch einmal über die Idee nachverhandeln wollen. Denn die meisten Kunden können doch gar nicht einschätzen, welche Arbeit hinter einer guten Idee steckt. Sie schauen nur auf den Geldbeutel.
PETER
Aber kannst Du das denn immer so genau beziffern? Das ist doch gerade das Problem. Eine gute Idee kann Dir morgens unter der Dusche kommen, es kann aber auch ein Prozess von mehreren Tagen sein – besonders wenn eine aufwändige Recherche und Analyse notwendig ist. Das erschwert es, die Idee überhaupt zu bepreisen. Ganz abgesehen davon, was sie dann am Ende wert ist.
MARKUS
Ich finde, die Ideen sind genau gleich viel wert. Denn hinter jeder Idee steht ein gedanklicher Prozess. Jede Idee braucht Zeit, um zu reifen. Wenn ich also nicht die Zeit habe, um die Idee reifen zu lassen, dann kann es keine gute Idee sein. Denn direkt von der Dusche in den Pitch – das funktioniert nicht.
Das wird bestenfalls eine feuchte, aber glitschig-schmierige Vorstellung.
RALF, der sich routiniert teilnahmslos hinter der Bar beschäftigt, horcht gespannt auf…
PETER
Ja, genau. So eine schnelle Idee würde der Kunde sofort zerlegen.
PETER denkt eine Weile nach, schweigt. Dann kommt ihm offensichtlich ein neuer Gedanke.
PETER (FORTS.)
Und dann gibt es ja noch den Unterschied zwischen einem Ideen-Wettbewerb und einem Pitch oder? Im ersten Fall wird die Idee ja gar nicht unbedingt umgesetzt. Oder sehe ich das falsch?
Das sieht MARKUS offensichtlich ganz anders. Wirkt jetzt sehr überzeugt.
MARKUS
Also wenn eine Idee gut ist, ist sie auch umsetzbar. Und wenn sie nicht umsetzbar ist, ist sie nicht gut. Ansonsten wäre das ja Arbeit für die Tonne.
PETER
Ja. Das war jetzt Schmarrn. Bleibt die Frage: Wie wollen wir denn zukünftig mit dem Wert einer Idee umgehen?
MARKUS
Grundsätzlich kann man Ideen nicht auf Stundenbasis kalkulieren. Das geht gar nicht. Aber Pauschalen funktionieren auch nicht. Vielleicht wäre ein Preis in Relation zum Gesamtbudget sinnvoll?
Auch das scheint MARKUS irgendwie nicht zufrieden zu stellen. Lange Pause. Angestrengtes Denken.
MARKUS (FORTS.)
Vor allem sollten wir uns die Frage stellen: Was ist es dem Kunden wert? Dieser hat ja eine Aufgabenstellung und sucht nach einer Idee. Aber ganz häufig kommen Anfragen nach dem Motto „Mach mal schnell eine Idee“. Möglichst bis morgen. Alleine dadurch ist der ideelle Wert einer Idee beim Kunden schon ganz tief gesunken.
PETER
Ja, klar. Der Kunde denkt: Der hatte ja jetzt nur 3 bis 8 Stunden Zeit für die Idee. Damit hat die Idee schon ihr Preiskorsett.
MARKUS
Vielleicht sollten wir beim Kunden erst einmal das Bewusstsein für den ideellen Wert einer Idee fördern: Wie wichtig ist mir diese Idee? Wie überzeugt bin ich von dieser Idee?
Dann ist wiederum die Kunst gefragt: Wie berechne ich den ideellen Wert um? Aber das musst ja dann Du machen…
MARKUS grinst erleichtert und ein bisschen schadenfroh.
PETER
Dann müssen wir dem Kunden sagen: Diese Idee ist so und so viel wert. Da müssen wir dann dahinter stehen. Wir müssen sagen: Das muss es Dir, lieber Kunde, auch wert sein.
Dieser Preis dürfte auch nicht ins Umsetzungsbudget einfließen. Denn das würde dieses weiter schmälern. Geht gar nicht.
Das wäre eigentlich das Vernünftigste. Denn nur so kannst Du eine Idee reifen lassen und entwickeln. Um danach in eine detaillierte Ausarbeitung zu gehen, die dann wieder anders bewertet werden müsste.
MARKUS scheint dieser Gedanke sehr gut zu gefallen. Er lächelt verträumt.
MARKUS
Das wäre die Wunschvorstellung. Darauf stoßen wir an!
Es folgt einvernehmliche Stille. Dann richtet sich MARKUS plötzlich auf.
MARKUS (FORTS.)
Aber eigentlich kann man den Preis einer Idee ja gar nicht im Vorhinein festlegen. Ich kann doch nicht sagen: In 5 Tagen wird eine Idee da sein, die alle überzeugt – Dich, den Kunden, den Einkauf, die Zielgruppe. Der Börsenkurs geht hoch und alle sind glücklich. Dann würde ich nämlich sagen: Die Idee kostet pauschal den Preis X.
PETER schüttelt fast unmerklich den Kopf und… war das etwa ein Seufzer?
PETER
Wenn der Kunde überhaupt dazu bereit wäre, für die Idee zu zahlen. Das ist er ja nicht.
Vielmehr geht der Kunde davon aus, dass beim Projektauftrag die gute Idee automatisch mit eingeschlossen ist. Insofern ist Deine Arbeit, Markus, eigentlich gar nichts wert. Das müsste Dich zur Weißglut bringen.
Jetzt regt sich MARKUS so richtig auf, macht eine ausladende Geste und landet – unbeabsichtigt – geräuschvoll mit der Hand auf der Theke. RALF schreckt auf, beäugt MARKUS mit Röntgenblick.
RALF:
Du, MARKUS, ich hätte da noch ein besonderes Tröpfchen – gut für die Nerven…
RALF kann nicht zu Ende sprechen…
MARKUS
Genau das tut es ja! Es bringt mich zur Weißglut! Genau das ist der springende Punkt: Das ist so unglaublich demotivierend!
Dabei kommt doch der Kunde zu uns, weil er etwas nicht hat – und das sind Ideen. Er möchte das haben. Und wir bieten es ihm. Wir liefern Ideen.
Erst jetzt wendet sich MARKUS RALF zu, der zwischenzeitlich wieder seine unbeteiligte Haltung eingenommen hat und hingebungsvoll ein paar Gläser poliert.
MARKUS (FORTS.)
Ich glaube, jetzt brauche ich doch noch einen Wein.
RALF unterbricht sofort. Nach einem prüfenden Blick auf MARKUS meint er verständnisvoll:
RALF:
Ich hätte da noch etwas ganz Sanftes. Herb, aber sanft. Wie wär’s?
MARKUS murmelt zustimmend. RALF füllt beide Gläser. PETER und MARKUS sehen ihm bedächtig dabei zu.
Dann fällt PETER etwas ein:
PETER
Wir sitzen ja hier in einem Bistro. Ich sage ja auch nicht: Das ist ein guter Wein – der kostet sicherlich nichts.
RALF zuckt etwas zusammen. Sein Gesichtsausdruck zeigt deutlich, was er von dieser Idee hält.
PETER (FORTS.)
Und das, was wir bestellen, zahlen wir auch. Ich glaube, da gibt es nur ein Wort und das lautet: Fairness. Fairness in einer Kunden-Agentur-Beziehung.
RALF wirkt sichtlich erleichtert. Abermals nachdenkliches Schweigen. PETER nimmt einen Schluck aus seinem Weinglas, dreht das Glas in den Händen hin und her. MARKUS streicht sich plötzlich aufgeregt durch seine Stirntolle und hat offensichtlich eine neue Idee.
MARKUS
Was hältst Du stattdessen von einer Art Grundkostenbeitrag oder Anstands-Obolus, der bezahlt wird, bevor überhaupt jemand anfängt zu denken?
Wenn ich eine Idee will, dann muss ich erst einmal Geld ausgeben.
MARKUS stockt in seiner Begeisterung, denkt nach, fügt etwas kleinlauter hinzu:
MARKUS (FORTS.)
Naja, dann haben wir wieder das gleiche Problem: Es gibt eine tolle Idee, die der Kunde tatsächlich umsetzen will – und wie legen wir dann den Preis dafür fest?
PETER
Eigentlich brauchen wir gar nicht weiter zu diskutieren. Da können wir noch 24 mal ins Le Plöpp kommen. Wir werden keine Lösung finden. Wir müssten zu diesem Gespräch mal einen Kunden mit dabei haben…
MARKUS scheint PETERS Einwand völlig überhört zu haben und ist immer noch entrüstet:
MARKUS
Also während wir hier sprechen, komme ich immer mehr zu der Überzeugung: Es geht um Fairness – wie Du vorhin gesagt hast – und um Wertschätzung. Erst nach der Wertschätzung kann ich eine Wertschöpfung machen.
Also bevor wir überhaupt über den Wert einer Idee sprechen, müssen wir vorher ansetzen und sagen: Ideen sind nicht mehr umsonst.
MARKUS fährt sich erneut aufgeregt durch die ohnehin schon zerzausten Haare, eine Strähne löst sich und steht jetzt deutlich nach oben vom Kopf ab. PETER meint beschwichtigend:
PETER
Ich weiß gar nicht, warum Du Dich jetzt so aufregst…
Aber MARKUS kann oder will sich nicht wieder beruhigen. Seine Wangen sind jetzt deutlich gerötet. Er hat sich warm geredet.
MARKUS
Wir müssen einfach dahin kommen, dass wir sagen: Eine Idee ist so und so viel wert. Und wenn Du sie haben möchtest, dann must du den Preis bezahlen.
Es bleibt einfach dabei: Was nichts kostet, ist nichts wert. Und so wird es auch behandelt. Da geht es um Wertschätzung.
Und wenn so ein Ideen-Obolus auch nur dazu führt, dass sich der Kunde vor einer Anfrage überlegt: Was will ich eigentlich und warum? Werde ich das überhaupt umsetzen?
Es ist ja kein Thema, wenn man mal etwas schnell macht. Aber das „mal“ ist zur Regel geworden.
PETER richtet sich resolut auf.
PETER
Diese Diskussion führt doch zu nichts. Wir drehen uns im Kreis. Wir müssen darüber demnächst mal mit ein paar Kunden sprechen.
Die Entschlossenheit in PETERS Stimme scheint MARKUS aus seinem Gedankenkreislauf zu reißen und wieder versöhnlich zu stimmen.
MARKUS
Ist doch kein Thema. Dann nehmen wir einfach ein paar Barhocker dazu.
PETER
Genau. So machen wir das.
Mit sicherem Instinkt spürt RALF die Aufbruchstimmung.
RALF:
Darf’s noch ein kleiner Absacker sein? Ich hätte da noch etwas ganz Besonderes…
Einvernehmlich – ohne auch nur einen Blick wechseln zu müssen:
PETER und MARKUS:
Na klar!
Es folgt: Gläserklingen. Ein Geldschein landet zuerst auf der Theke und wechselt dann seinen Besitzer. Schließlich brechen PETER und MARKUS auf und verlassen einträchtig die Bar – weder im Sonnenuntergang, noch im Sonnenaufgang. Würde aber jetzt beides passen.
Epilog: Was vom Wein übrig blieb…
Ich bleibe noch zurück, muss das Gehörte noch ein bisschen sacken lassen. Was soll ich jetzt davon halten?
Eines ist zumindest klar:
Wenn Sie das nächste Mal nach einer tollen Eventidee suchen, wissen Sie jetzt, wo Sie diese serviert bekommen. Nur bitte rechnen Sie damit, dass Sie auch dafür bezahlen müssen. Einen Barhocker halten wir dann immer für Sie frei…

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