
Shireens Event-Welt: Stage-Management ist ein Job für Adrenalin-Junkies!
Ok, es gibt immer ein erstes Mal. Wenn jedoch der erste Einsatz im Stage-Management gleich bei einem großen Gala-Abend mit hochrangigen Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik angesagt ist, steigt der Adrenalin-Spiegel ganz schön an.
So geschehen beim Innovationspreis der Vodafone Stiftung für Forschung in Düsseldorf. Und ich mittendrin im geordneten Chaos. Als Stage-Managerin. Zum ersten Mal. Das Schauspiel kann beginnen und ich hoffe, dass es kein Drama wird!
Vorbereitung ist alles.
Natürlich bin ich bestens vorbereitet. Ehrensache. Als Stage-Managerin bin ich für einen reibungslosen Ablauf verantwortlich. Alle Puzzle-Stückchen des Programms müssen nahtlos ineinandergreifen.
Den Regieplan kenne ich fast auswendig.
Darin ist jede einzelne Minute der Veranstaltung inhaltlich durchdacht und wird mit der passenden Licht- und Sound-Situation vervollständigt. Was im Regieplan steht, ist Gesetz. Ich muss ihm strikt folgen – es sei denn, es kommt etwas Unerwartetes dazwischen. Und mal ehrlich: Es kommt immer etwas dazwischen!
Glücklicherweise ist Markus, unser Creative Director, als Regisseur an meiner Seite.
Das entspannt mich aber nicht lange. Denn Stage-Management ist ein echter Multi-Tasking-Job. Ich stelle mich auf verschiedenste Persönlichkeiten ein, plane die Einsätze der Künstler, Moderatoren und Redner minutiös und koordiniere eine Horde Techniker sowie Servicepersonal.
Das funktioniert nur, wenn man Prioritäten setzen und unter Druck ruhig bleiben kann. Eine gehörige Portion Detailverliebtheit gehört auch dazu.

Sneakers sind im Regieplan nicht vorgesehen.
Was im Regieplan nicht steht, sind die vielen Kilometer, die ich als Projektmanagerin schon im Vorfeld der Veranstaltung hinter mich bringe. Den ganzen Nachmittag renne ich mehrmals kreuz und quer durch den Vodafone Campus.
Dann folgt die Generalprobe im Schnelldurchlauf:
- Alle Tonspuren sind korrekt eingestellt – check!
- Alle Redner und Künstler wissen, wann sie auf die Bühne müssen – check!
Irgendwann bin ich sicher: Nichts kann den Ablauf der Veranstaltung stören. Der Gala-Abend kann genauso verlaufen, wie geplant. Es läuft.
Apropos laufen: Meine Sneakers dampfen. Höchste Zeit, diese gegen elegante Highheels für den Abend auszutauschen. Man merke: Die weise Stage-Managerin sorgt vor – auch für Eventualitäten, die nicht im Regieplan stehen. Beispielsweise mit Blasenpflaster.
Die Gäste zählen zu den unkalkulierbaren Risikogruppen.
Das Einzige, was meinen Zeitplan noch durcheinanderbringen kann, sind die Gäste. Für die einen sind sie wichtige Multiplikatoren und Geschäftspartner, für mich gerade die größte unkalkulierbare Risikogruppe.
Denn Gäste sind ein höchst eigenwilliges Völkchen. Sie kommen vorzugsweise zu früh oder zu spät. Oder gar nicht. Sie halten sich nicht an die vorgesehenen Zeiten für den Welcome-Drink und die Häppchen vorweg. Sie nehmen ihre Plätze nicht zum geplanten Zeitpunkt ein. Sie essen nicht langsam oder schnell genug. Sie haben Sonderwünsche. Oder noch schlimmer: alles zusammen.
Sobald die ersten Gäste eintreffen, halten mich meine Kolleginnen vom Empfang via WhatsApp-Gruppe und Headset fast minütlich auf dem Laufenden. Denn die Steuerung der Gäste will gekonnt sein. Besonders, da die Gala im 18. Stock des Vodafone Campus stattfindet – eine logistische Herausforderung.
Eigentlich klappt alles wie am Schnürchen. Eigentlich. Die Gäste erhalten ihren Welcome-Drink und ein Amuse-Gueule. Die Sängerin Shary Osman sorgt gemeinsam mit Stephan Weiser am Piano für entspannte Stimmung.
Aber es kommt, wie es kommen muss: Wichtige Gäste fehlen noch oder sagen kurzfristig ab.
Es folgt hektisches Umgestalten der Sitzordnung, so dass wir noch warten, bis wir den Bereich für das Gala-Dinner öffnen können. Das bedeutet konkret: Wir sind im Ablauf eine viertel Stunde zu spät! Schnelles Kopfrechnen ist angesagt. Der Regieplan muss neu berechnet und an alle kommuniziert werden. Mein Adrenalin-Pegel steigt.

Gibt es eigentlich eine Suchfunktion für verschwundene Pianisten?
Klar, jeder muss mal kurz verschwinden. Aber bitte nicht während meines Programms! Und schon gar nicht, wenn eigentlich alles bestens läuft.
Die Moderatorin Britta Schweinhage und Vodafone CEO Hannes Ametsreiter begrüßen die Gäste. Check. Applaus. Check. Die Vorspeise wird serviert. Check. Alle Redner sind mikrofoniert und verkabelt. Check. Die Preisverleihung beginnt. Che… verdammt! Wo ist das Handmikrofon abgeblieben?
Gerade noch rechtzeitig entdecke ich es auf der Bühne und drücke es dem nächsten Redner in die Hand. Großes CHECK!
Jetzt muss ich der Moderatorin die Preise für den Award anreichen. Als ich die schwere Glaskugel ergreife, gehe ich fast in die Knie. Mann, ist die schwer! Und rutschig noch dazu! Ob die Trophäen wohl die adrenalin-getränkten Schweißhändchen aller Beteiligten überstehen?
Ja! Das ist nochmal gut gegangen.
Zeit für den Hauptgang – der eigentlich mit angenehmer Klaviermusik begleitet werden sollte. Doch wo, zur Hölle, ist der Pianist? Ein Suchkommando deckt das unerklärliche Verschwinden auf. Der Pianist sitzt wieder an seinem Platz.
Ein Blick auf die Uhr zeigt: Die gefühlte Such-Stunde dauerte tatsächlich nur ein paar Sekunden und der verpatzte Einsatz blieb völlig unbemerkt. Check.
Lichtshow oder nicht Show – das ist hier die Frage.
Die ganze Preisverleihung und das Essen ziehen sich in die Länge. Mit der anfänglichen Verspätung beim Beginn addieren sich die Minuten langsam, aber unaufhörlich. Da kann schon mal die Frage aufkommen, ob die Lichtshow, die nach dem Dessert geplant ist, noch stattfinden soll.
Dazu gibt es nur eine Antwort: Der Höhepunkt der abendlichen Inszenierung findet natürlich statt!
Noch dazu, wo ich doch in der Lichtshow einen ganz entscheidenden Part übernehme… ähem. In einem ganz bestimmten Augenblick muss ich dem Künstler auf der Bühne einen Lichtstab reichen. Verpatze ich den Einsatz, ist die Show ruiniert. Das baut natürlich gar keinen Druck auf… NOT.
Trommelwirbel.
Ich weiß genau, bei welchem Takt der Musik der Künstler auf die Bühne geht und bei welchem Bild auf der Leinwand ich den Leuchtstab schnell übergeben muss. Ich stehe ganz still, jeden Muskel angespannt neben der Bühne. Der Lichtstab liegt fest umklammert in meiner Hand – nein: in beiden Händen. Sicher ist sicher. Mein Herzschlag rast. Jetzt!
Genau im richtigen Moment reiche ich dem Künstler den Stab. Geschafft. Ich atme aus.

Eine Runde Adrenalin geht noch. Oder auch zwei. Oder drei…
Das Wichtigste von allem ist geglückt. Die Gäste sind von der Show beeindruckt. Der Gastgeber höchst angetan. Als Shary Osman schließlich in einem funkelnden Metallic-Kleid die Bühne betritt, geht noch einmal ein bewunderndes Raunen durch den Saal. Das nach einem fulminanten Auftritt in rauschenden Beifall mündet.
Für mich heißt das: Geschafft! Noch ein bisschen Small Talk und dann endlich: das Headset abnehmen. Entspannen. Mit den Kolleginnen und Kollegen auf einen gelungenen Abend anstoßen.
Dieses Mal ist alles gut gegangen. Welche Überraschungen mich wohl beim zweiten Einsatz als Stage-Managerin erwarten? Wer weiß? Ich bin sicher: Das nächste Adrenalin-High kommt bestimmt.
Aber jetzt lege ich mich erst mal zufrieden schlafen. Check.

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